E-Commerce Controlling: Erfolg durch Wissen

„Mit 3 KPIs zum Shop-Erfolg!“ So oder so ähnlich titeln viele Blogbeiträge rund um E-Commerce. Einfach die Gesamtkosten dem Umsatz gegenüberstellen und schon ist klar, ob und wie profitabel der Online-Shop arbeitet. Ist das wirklich so einfach?

Ganz so trivial ist das E-Commerce-Controlling nicht. Oder umgekehrt formuliert: Online-Händler, die auf ein fundiertes Controlling verzichten, verschenken jede Menge Potenzial – und riskieren im schlimmsten Fall eine vermeidbare Pleite.

Controlling im E-Commerce

Herausforderung Big Data

Was vielen Shop-Betreibern auf den ersten Blick als unübersichtlicher Daten-Dschungel erscheint, ist eigentlich pures Gold. Denn im E-Commerce stehen sehr viel mehr messbare betriebswirtschaftliche Informationen zur Verfügung als im stationären Handel. Diese Zahlen sind die Basis, um systematisch Schwachstellen im Pricing aufzuspüren, Kostentreiber zu identifizieren oder das Sortiment zu verbessern.

Leider übersetzen noch viel zu wenige Shops diesen Vorteil im zweiten Schritt in strategische Entscheidungen. Wer nur auf Umsatzmaximierung und die Senkung der Gesamtkosten fokussiert ist, übersieht viele Stellschrauben für die Optimierung des operativen Geschäfts.

Marketing-Brille absetzen!

Viele Shopbetreiber beschränken sich beispielsweise auf eine regelmäßige Auswertung der Reports ihrer Shop-Software und Google Analytics. Steigt der Traffic pro Kanal? Passt die Conversion Rate? Bringt die Mailing-Aktion neue Interessenten? Und ist das neue Produkt wie erhofft ein Verkaufsschlager?

Das Monitoring dieser speziellen E-Commerce KPIs wie Conversion Rate, Warenkorbabbrecher, Retourenquote oder Customer Acquisition Cost ist wichtig und liefert wertvolle Erkenntnisse. Als betriebswirtschaftliches Controlling allein reicht es aber nicht aus: Diese Sicht richtet sich primär auf Marketing-Kennzahlen, die noch nichts über die tatsächliche Rentabilität aussagen. Denn Umsatz ohne Gewinn ist nichts wert.

Wer wissen will, welche Kanäle und Artikel am meisten zum Gewinn beitragen und was am Ende unter dem Strich übrig bleibt, muss tiefer in die Kostenstruktur einsteigen.  

Erfolgsfaktor Deckungsbeitrag

Typisches Beispiel: Nicht jeder Bestseller erwirtschaftet automatisch Gewinn – ein Irrtum, der, zu spät erkannt, zur Verlustfalle werden kann. Auch ist der Kanal, der den höchsten Umsatz erzielt, nicht zwingend der rentabelste. Jede Bestellabwicklung verursacht Fixkosten: Deshalb macht es bei der Beurteilung der Kanal-Qualität einen großen Unterschied, ob 10.000 Euro Umsatz durch 500 Aufträge à 20 Euro oder durch 100 Aufträge à 100 Euro Warenkorbgröße erwirtschaftet wurden. Um die Kosten pro Bestellabwicklung zu ermitteln, reichen Google Analytics und Shop-Statistik nicht aus – hier werden Daten aus der Buchhaltung und dem Controlling benötigt, unter anderem Kosten der Verpackungsmaterialien, Personalkosten der Lagerarbeiter usw.

Das Zauberwort lautet: Deckungsbeitrag – auch im E-Commerce eine der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Nur wer die detaillierte Kostenstruktur für jeden Artikel und jeden Kanal kennt, weiß wo die echten Cash-Cows liegen und kann sein Angebot konsequent renditeorientiert optimieren.

Das Konzept der Deckungsbeitragsrechnung

Der Umsatz eines Kostenträgers leistet nach Abzug von eindeutig zurechenbaren Kosten einen Beitrag zur Deckung der dann noch ungedeckten Fix- oder Gemeinkosten. Ziel ist es also, im Unternehmen mit den erzielten Erlösen wenigstens die Kosten zu decken. Wenn die Erlöse die Kosten übersteigen, bleibt ein Gewinn übrig.

Was sich zu theoretisch anhört, ist ein betriebswirtschaftlich entscheidender Indikator für den Erfolg: Ein hoher Deckungsbeitrag macht ein Produkt oder einen Vertriebskanal attraktiv, während bei einem niedrigen Deckungsbeitrag die Alarmglocke schlagen sollte. Beispielsweise sind Artikel mit einem niedrigen Deckungsbeitrag im Sortiment nur sinnvoll, wenn eine hohe Nachfrage besteht.

Eine vereinfachte Darstellung für die Berechnung der Deckungsbeiträge speziell im E-Commerce liefert der E-Commerce-Code. Welche Kostenfaktoren in die Deckungsbeitragsrechnung einfließen sollten, kann von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sein. Je detaillierter Sie Ihre Kostenstruktur auflösen, umso aussagekräftiger und realistischer ist der ermittelte Wert.

Fazit: Ohne Controlling geht es nicht!

Die einfache Formel “Umsatz minus Kosten“ sichert die Wettbewerbsfähigkeit nicht nachhaltig. Jedes E-Commerce-Unternehmen sollte deshalb ausreichendes betriebswirtschaftliches Fachwissen für ein fundiertes Controlling aufbauen.

Die große Kunst in Zeiten von Big Data ist es, die richtigen Fragen zu stellen und so aus der Vielzahl der vorhandenen Daten ein sinnvolles Controlling-Konzept zu erstellen. 

10 typische Fragen für ein renditeorientiertes Controlling:

  • Wie hoch sind die Fixkosten für jede Bestellung?
  • Wie hoch ist der Deckungsbeitrag für jeden Artikel / jede Artikelgruppe?
  • Mit welchen Artikeln wird am meisten Gewinn erwirtschaftet?
  • Welche Artikel lohnen sich in welchen Kanälen?
  • Welche Kosten lassen sich senken?
  • Wie werden Kunden zu rentablen Stammkunden („Customer Lifetime Value“)?
  • Wie kann die Retourenquote gesenkt werden?
  • Wie groß ist der optimale Lagerbestand für Artikel X?
  • Wie entwickelt sich die Liquidität?
  • Wie hoch ist der optimale Preis für den maximalen Ertrag?

Einfacher geht es mit einem professionelles ERP-System. Es hilft dabei, die nötigen Daten zu erfassen, zu sammeln und zu analysieren. Durch eine vollständige Integration des Shopsystems lassen sich die Zahlen aus dem Marketing, der Warenwirtschaft und der Finanzbuchhaltung zu einer schlagkräftigen Einheit verbinden.

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