So optimieren Sie Ihre Lagerbestände

Der Lagerbestand ist eine essentielle Größe für alle Unternehmen aus Handel und Fertigung. Im folgenden Artikel erfahren Sie, wie Sie Ihre Lagerbestände optimieren können und so unnötige Kosten senken, Bilanzzahlen optimieren und Ihre Liquidität sichern.

Inhaltsverzeichnis

1. Definition Lagerbestand 

2. Lagerkennzahlen im Überblick

  • Lagerbestand ermitteln
  • Lagerumschlagshäufigkeit
  • Lagerdauer
  • Lagerreichweite

3. Den optimalen Lagerbestand berechnen
4. Lagerbestände optimieren

  • Bestandsanalyse
  • ABC-Analyse
  • Disposition verbessern

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Lagerbestand

Der Lagerbestand beschreibt die Anzahl von Mengeneinheiten eines Erzeugnisses, die sich zu einem Zeitpunkt physisch auf Lager befinden, dorthin unterwegs sind oder sich buchhalterisch ermitteln lassen.

Im Handel umfasst der Lagerbestand den jeweiligen Vorrat an Waren. In Fertigungsbetrieben beschreibt er den Vorrat an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, halbfertigen und fertigen Erzeugnissen sowie Handelsware.

Ermittelt wird der Lagerbestand durch effektive Bestandsaufnahme (Inventur) oder durch die laufende Notierung der Zu- und Abgänge (Skontration). Der Lagerbestand ist die Basis zur Berechnung wichtiger Kenngrößen wie den Lagerumschlag und die Lagerdauer.

Lagerkennzahlen im Überblick

Lagerbestand ermitteln

Der durchschnittliche Lagerbestand (Ø Lagerbestand) gibt Auskunft darüber, wie hoch die Vorräte im Durchschnitt sind. Zur Berechnung brauchen Sie den Anfangsbestand sowie den Endbestand Ihrer Ware.

Formel

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Beispiel: Im Lager beträgt der Anfangsbestand zum 01.01. 400 Stück, der Endbestand zum 31.12. beträgt 180 Stück.

400 + 180 / 2 = 290

Somit ergibt sich ein durchschnittlicher Lagerbestand von 290 Stück.

Formel auf Monatsbasis

Je mehr Werte angesetzt werden können, je genauer wird der durchschnittliche Lagerbestand berechnet und um so höher wird die Genauigkeit der Kennzahl. Um zu berechnen, wie hoch die Vorräte im Verlauf eines Geschäftsjahres durchschnittlich sind, verwenden Sie folgende Formel.

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Lagerumschlagshäufigkeit

Die Umschlagshäufigkeit zeigt an, wie oft der komplette Lagerbestand eines Produkts, inklusive Vorprodukten und Rohstoffen, innerhalb einer bestimmten Zeiteinheit entnommen und wieder ersetzt wurde. Der Umschlag bezieht sich meist auf einen Zeitraum von einem Jahr.

Um die Lagerumschlagshäufigkeit zu ermitteln, muss zunächst der durchschnittliche Lagerbestand während einer Periode ermittelt werden. In einem nächsten Schritt kann nun die Lagerumschlagshäufigkeit errechnet werden, wobei es hierfür drei unterschiedliche Möglichkeiten gibt.

Formeln

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Beispiel: Von Artikel Nr. 5347 werden in einem Jahr 600 Stück aus dem Lager entnommen. Durchschnittlich waren 30 Stück auf Lager.

600/30=20

Der Artikel schlägt sich 20 Mal pro Jahr um.

Wie kann diese Kennzahl interpretiert werden?

Eine niedrige Umschlagshäufigkeit bedeutet, dass die Lagerhaltung und somit die Kapitalbindung hoch sind. Maßnahmen, wie den Bestand von betroffenen Artikeln zu senken, Lieferzeiten zu verkürzen oder das Aussortieren von Ladenhütern, können Abhilfe schaffen, um die Umschlagshäufigkeit zu erhöhen.

Eine hohe Umschlagshäufigkeit sagt aus, dass sich der Artikel jeweils nur kurz im Lager befindet und eine geringe Kapitalbindung hat. So werden niedrige Lagerkosten erzielt und das gebundene Kapital kann schneller für andere Investitionen verwendet werden. Eine überdurchschnittlich hohe Umschlagshäufigkeit kann jedoch auf zu geringe Sicherheitsbestände hinweisen, die zu Nichtverfügbarkeiten oder hohen Beschaffungskosten führen können. Hier sollten die Bestände moderat erhöht werden.

Lagerdauer

Die durchschnittliche Lagerdauer (Ø Lagerdauer) gibt in Tagen an, wie lange die eingelagerte Ware im Durchschnitt im Lager liegt, bis diese verkauft wird. Somit gibt sie Auskunft über die aktuelle Situation und die Entwicklung der Kapitalbindung im Lager.

Formel

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Was bedeutet das?

Eine kurze Lagerdauer ist positiv, da die eingelagerten Materialien schneller wieder in liquide Mittel umgewandelt werden.

Im Gegensatz dazu ist eine längere Lagerdauer eher negativ zu bewerten. Zum einen verursacht das Lagern laufende Kosten und benötigt Platz, welcher zum anderen die Produkte verteuert.

Lagerreichweite

Diese Kennzahl gibt den Zeitraum in Tagen, Wochen, Monaten, Jahren an, in dem der Lagerbestand bei einem durchschnittlichen Verbrauch vollständig aufgebraucht ist.

Formel

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Was bedeutet das?

Eine zu geringe Lagerreichweite kann zu Engpässen in der Produktion und bei der Lieferbereitschaft führen. Sollte sich die Reichweite verringern, ist zu prüfen, inwiefern Fehler im Beschaffungsprozess vorliegen.

Eine zu hohe Lagerreichweite führt wiederum zu höheren Lager- und Kapitalbindungskosten.

Wie berechnet man den optimalen Lagerbestand?

Oberstes Ziel Ihrer Disposition ist der optimale Lagerbestand sein. Diese Kennzahl zeigt die optimale Lagermenge bei optimierten Kosten an. Der optimale Bestand lässt sich aus der optimalen Bestellmenge ableiten.

Formel

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Die optimale Bestellmenge wird im Minimum der Summe aus Lagerhaltungs- und Bestellkosten festgelegt.

Beispiel: Der jährliche Bedarf eines Produkts liegt bei 75.000 Stück, die Bestellkosten liegen bei 35 Euro. Der Einkaufspreis pro Stück beträgt 150 Euro und der Lagerhaltungskostensatz 15(%).

Damit liegt die optimale Bestellmenge des Produkts bei rund 483 Stück.

In einem zweiten Schritt kann nun die optimale Lagerbestand anhand folgender Formel berechnet werden.

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Beispiel: Geht man von einem Mindestbestand von 50 Stück und der soeben ermittelten optimalen Bestellmenge von 483 Stück aus, so beträgt der optimale Bestand 533 Stück. Bei dieser Lagermenge wären sämtliche Kosten optimiert.

Lagerbestände optimieren – So funktioniert’s

Mithilfe folgender Bestandsoptimierungsstrategien können Sie einen optimalen Lagerbestand schaffen. Dieser ergibt sich aus den Faktoren Lagerbestand, Bestellmenge und Lieferzuverlässigkeit. Die Ziele der Optimierung sind die Senkung der Kapitalbindung, die Sicherstellung der Verfügbarkeit benötigter Materialien sowie eine kostenoptimale Beschaffung.

1. Bestandsanalyse

Zunächst ist es sinnvoll, sich einen Überblick über wichtige Lagerkennzahlen zu verschaffen.

Kennzahlen wie die Umschlagshäufigkeit, Lagerdauer und Reichweite sollten betrachtet werden. Achten Sie darauf, wie sich die Kennzahlen im Zeitverlauf entwickelt haben und wie diese gegenüber branchenüblichen Vergleichsdaten zu beurteilen sind.

Bei negativen Entwicklungen, muss ermittelt werden, wo der Handlungsbedarf konkret liegt.

2. ABC-Analyse

Ausgangspunkt für die ABC-Analyse ist das Paretoprinzip. Dieses sagt aus, dass 80% des Gesamtverbrauchswert lediglich auf 20% des gesamten Lagerbestands basiert. Das bedeutet, dass die Nachfrage sich nicht gleichmäßig auf die Artikel verteilt: Spitzenreiter sind dem Rest überlegen.

Eine Verfeinerung des Paretoprinzips ist die ABC-Analyse.

Durch eine ABC-Analyse wird die Relation zwischen dem Bestands- und Verbrauchswert ermittelt. Anstatt die zu bewertenden Objekte pauschal in die wichtigsten 20% und den Rest einzuteilen, werden drei Klassen gebildet. Das Sortiment und die dazugehörigen Artikel werden in die Klassen A, B und C aufgeteilt, dabei steht  A steht für die wertvollsten Artikel, C für die am wenig wichtigsten Artikel.

  • A-Artikel sind Artikel, deren jährlicher Beitrag am Lagerumsatz am höchsten ist. Dabei machen die höchsten 70-80% des jährlichen Verbrauchswerts in der Regel 10-20% des gesamten Lagerbestands aus.
  • C-Artikel sind Artikel mit dem niedrigsten Beitrag am Lagerumsatz. Die unteren 5% des jährlichen Verbrauchswert machen dabei 50% des gesamten Lagerbestands aus.
  • B-Artikel liegen mit einem mittleren Verbrauchswert dazwischen. Im Normalfall machen diese 15-25% des jährlichen Verbrauchswert 30% des gesamten Lagerbestands aus.

Diese Klassifizierung erfolgt beispielsweise auf Grundlage der Zugriffshäufigkeiten. So lassen sich Lagerhüter entlarven, die wertvollen Lagerplatz wegnehmen. Somit können Sie Ware mit geringer Zugriffshäufigkeit reduzieren, um neue Lagerplätze zu schaffen. Lagerhüter sollten Sie komplett aus dem Lager entfernen, da diese keinen Umsatz generieren. So kann neuer Platz für dringender benötigte Materialien geschaffen und die Liquidität Ihres Unternehmens verbessert werden.

3. Optimieren des Bestellverfahrens

Nachdem Sie anhand der ABC-Analyse bereits Ihren Lagerbestand senken konnten, soll es im nächsten Schritt um Artikel mit hoher Zugriffshäufigkeit gehen. Diese benötigen ein festes Bestellverfahren. Es gilt, eine Warenknappheit oder -überschuss möglichst zu verhindern.

Sollten Ihre Schnelldreher jedoch eine besonders hohe Umschlagshäufigkeit aufweisen, können Sie den Höchstbestand erhöhen. Dies erzielt eine größere Versorgungssicherheit und ermöglicht eine Reduzierung der Bestelltkosten.

Artikel mit niedriger Zugriffshäufigkeit sollten lediglich ein Minimum an Lagerkapazität einnehmen. Eine Möglichkeit ist es, diese Produkte zukünftig als Sonderbestellung zu handeln oder in einem Pufferlager unterzubringen.

4. Disposition verbessern

Passen Sie ihre Verbrauchswerte an Vergangenheit oder zukünftige Produktionsplanung an, um Ihre Disposition zu optimieren. ERP-Systeme ermöglichen eine (teil-)automatisierte Disposition.