Das ändert sich für Händler zum Jahreswechsel 2022

Das neue Jahr steht vor der Tür, und wie immer ändert sich nicht nur eine Ziffer im Kalender: Der Gesetzgeber hat auch in diesem Jahr eine Reihe von Änderungen beschlossen, die am ersten Januar 2022 in Kraft treten. Welche davon für Händler relevant sind – und was sie im einzelnen bedeuten – beleuchten wir in diesem Artikel.

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Verlängerung der Beweislastumkehr

Die Beweislastverlängerung im B2C-Geschäft erfährt 2022 eine empfindliche Verschärfung zulasten des Verkäufers: Ab 2022 müssen Händler nicht mehr nur sechs, sondernd ganze zwölf Monate nach Verkauf nachweisen können , dass eine Ware bei der Auslieferung in einem einwandfreien Zustand war.

Diese Beweisführung ist in der Praxis oft äußerst aufwendig. Somit ist davon auszugehen, dass der Handel ab 2022 deutlich stärker durch entsprechende Streitfälle und die damit verbundenen Kosten belastet wird. Auch der Händlerbund geht von einem erhöhten administrativen und bürokratischen Aufwand und daraus folgend von einer spürbaren Mehrbelastung aus. 

Verlängerung der Gewährleistungsfrist

Auch an der Verjährungsfrist für Mangelansprüche hat der Gesetzgeber geschraubt. Diese beträgt zwar nach vor zwei Jahre ab Lieferung. Allerdings tritt die Verjährung ab 2022 erst vier Monate nach dem Moment ein, in dem der Mangel erstmals aufgetreten ist. Wenn sich der Mangel also erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist im 24. Monat zeigt, kann der Käufer seine Ansprüche noch bis zum 28. Monat geltend machen – also lange, nachdem die Frist eigentlich abgelaufen ist.

Das ist für Händler natürlich problematisch, da kaum nachprüfbar ist, wann der Mangel tatsächlich aufgetreten ist. Unter Umständen werden Kunden also versuchen Mängel geltend zu machen, die nach Ablauf der Frist aufgetreten sind – und Händler werden nur wenige Möglichkeiten haben, sich dagegen zu wehren.

Außerdem gilt ab 2022 eine zweimonatige Ablaufhemmung für die Verjährungsfrist, wenn der Verkäufer einem Mangel abhilft. Das bedeutet, dass die Verjährung von Ansprüchen, die aus dem geltend gemachten Mangel resultieren, erst zwei Monate nach dem Zeitpunkt einsetzt, an dem der Verbraucher die reparierte oder ersetzte Ware erhalten hat, damit er prüfen kann, ob der Mangel tatsächlich behoben wurde.

Einen sehr detaillierten Überblick über das neue Gewährleistungsrecht und seine Folgen vor allem für Online-Händler biete dieser Beitrag der Münchener IT-Recht-Kanzlei.

Erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten für Käufer

Darüber hinaus räumt der Gesetzgeber dem Verbraucher ab 2022 deutlich erleichterte Möglichkeiten zum Rücktritt von einem Kaufvertrag ein. Zwar haben Verkäufer weiterhin die Möglichkeit, einen gemeldeten Mangel zu korrigieren, indem sie die mangelhafte Sache reparieren oder ersetzen.

Allerdings mussten Verbraucher bislang explizit eine Frist zur Nacherfüllung setzen und konnten erst dann vom Kauf zurücktreten, wenn der Mangel bis zum Ablauf dieser Frist nicht behoben wurde.

Diese Regelung fällt ab Januar 2022 weg: Verbraucher müssen also nicht mehr selbst eine explizite Frist setzen und den Verkäufer auf diese Frist hinweisen. Stattdessen ist der Verbraucher nun automatisch zu einem Rücktritt berechtigt, wenn eine ‚angemessene‘ Frist verstrichen ist – unabhängig davon, ob er den Verkäufer darauf hingewiesen hat oder nicht.

Damit gilt ab 2022: Wenn sich ein Händler mit der Beseitigung eines Mangels zu viel Zeit lässt, kann ihn der Kunde sie sofort mit einem Rücktritt vom Kauf überraschen und den Kaufpreis gegen Rückgabe der Ware zurückfordern.

Dabei muss der Verkäufer die vollen Kosten der Warenrückgabe tragen und den Kaufpreis sofort erstatten, sobald der Verbraucher die Rücksendung – zum Beispiel per Beleg – nachgewiesen hat.

Update-Pflicht für Hersteller

Ab dem ersten Januar 2022 gilt in Deutschland eine so genannte Update-Pflicht. Dadurch werden Hersteller von digitalen Produkten dazu verpflichtet, längerfristig Software-Updates für alle ‚digitalen Waren‘ bereitzustellen – auch über die gesetzliche Gewährleistungspflicht hinaus.

Unter diese neue Regelung fallen sowohl reine Digitalprodukte wie Apps oder E-Books, aber auch Geräte mit Software-Komponenten wie Smartphones, Tablets oder Fernseher. Auch Autos, die heutzutage ja standardmäßig einen Computer mit an Bord haben, sind von der Update-Pflicht betroffen.

Der Umfang der notwendigen Aktualisierungen ist klar definiert: Hersteller müssen Sicherheitslücken schließen und das ordnungsgemäße Funktionieren des Produkts sicherstellen. Neue Funktionen hingegen müssen sie hingegen nicht zur Verfügung stellen.

Die konkrete Dauer der Update-Pflicht ist hingegen unbestimmt und kann von einer ganzen Reihe von Faktoren abhängen – zum Beispiel vom Preis des Produkts, von etwaigen Werbe-Versprechungen oder vom ‚üblichen‘ Life Cycle des jeweiligen Produkts.

Grundsätzlich betrifft die Update-Pflicht zunächst die Hersteller von digitalen Waren. Sie hat allerdings auch Auswirkungen für Händler, da fehlende Updates einen Sachmangel und damit einen Grund zur Reklamation darstellen können und laut Gesetz sie - und nicht die Hersteller - dafür verantwortlich sind, dass die Waren vertragsmäßig sind.

Dementsprechend empfiehlt der Deutschen Industrie- und Handelskammertag, die Aktualisierungspflicht vertraglich an den Lieferanten oder an den Hersteller zu delegieren. So oder sollte sich der Handel jedoch auf Kundenbeschwerden vorbereiten.

Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter anderem auf der Website der Bundesregierung. 

Harmonisiertes System 2022

Zum ersten Januar 2022 wird die Neufassung des Harmonisierten Systems in Kraft gesetzt. Dieses System dient der Codierung von Waren des internationalen Handels und wird von fast allen Staaten der Erde verwendet. Damit ist es eine der wichtigen Grundlagen für den internationalen Handel: Anhand des Harmonisierten Systems können Unternehmen im Ausland anfallende Steuern, Zölle sowie erforderliche Unterlagen recherchieren.

Das Harmonisierte System wird alle fünf Jahre erneuert. Zuletzt war das 2017 der Fall; damit handelt es sich um eine turnusgemäße Anpassung. Typischerweise ändern sich bis zu ein Fünftel aller vergebenen Warennummern. Auch eine komplett neue Einordnung von Waren in andere Positionen oder Kapiteln kommt bei der Neufassung regelmäßig vor!

Weitere Informationen zum Harmonisierten System finden Sie unter anderem auf der Website der Europäischen Kommission. 

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